Kohten und Jurten
Geschichte der Schwarzzelte
Material
Systembauweise
Schlauf- und Knöpftechnik
Die Kohte
Zur Kohte gehören:
Aufbau der Kohte
Schwarzzelte für den Hike
Die Jurte
Zur Jurte gehören:
Aufbau der Jurte
Grossbauten
Zubehör, Tips und Tricks
Jurtenschraube:
Spinnen oder Kreuze: Was ist besser?
Knebel
Fensterplanen
Untersetzer für Aufstellstäbe
Wassersäcke
Schlaufen aus 8 mm Sisal
Kennzeichnung der Planen
Witterungseinflüsse
Atmosphäre
Die Nomadenvölker der Lappen und Mongolen haben tau- sende von Jahren gebraucht, um aus einem notdürftigen Schutzdach eine perfekte Behausung zu entwickeln; die sogenannte "Kata" (Kohte) der Lappen bzw. die "Yurte" (Jurte) der Mongolen. Die beiden Wörter bedeuten schlicht und einfach "Behausung". Ein Bündischer namens "Tusk" brachte 1912 aus Lappland die Idee des Feuers im Zelt mit nach Deutschland. Aus der Kohte der Lappen entwickelte er 1928 die erste funktionstüchtige Kohte. Die Jurte entstand nach mongolischem Vorbild ungefähr zur gleichen Zeit. Von 1934 bis 1945 waren die Schwarzzelte als Ausdruck einer bestimmten Lebensweise und Geisteshaltung verboten. Allein schon der Besitz war strafbar. Erst 1947 wurden Jurten und Kohten mit der Gründung der Pfadfinderverbände neu belebt. Kohten und Jurten sind heute noch bei Pfadfindergruppen und bündischen Gruppen sehr beliebt.
Die Schwarzplanen bestehen aus hochwertigem Baumwollgewebe mit einem Gewicht von 285g/qm mit ca. 400 mm Wassersäule, das sich aus Erfahrung als optimal herausgestellt hat. Ein dickerer Stoff ist zwar etwas strapazierfähiger, aber nicht dichter und schwerer im Transport. Eine flammenhemmende Ausrüstung ist, nur ein Mehr an Chemie und kann die gebotene Vorsicht beim Umgang mit Feuer nicht ersetzen. Baumwollstoff verändert sich je nach Feuchtigkeit und Beanspruchung. Deshalb ist die Passgenauigkeit der Planen, manchmal nicht hundertprozentig.
Der große Vorteil der. Schwarzplanen liegt in der Kombinierbarkeit seiner einzelnen Planen. Mit dem Kohtenblatt können sowohl Kohten (4 Blätter) als auch Jurtendächer (6 oder 5 Blätter) verschlauft werden. Für die Seitenwände der Jurte gibt es einmal die klassische Vierecksplane und die Jurtendoppelplane (so groß wie 2 Vierecksplanen). Da diese aber nur eine Seitenhöhe von ca. 1,60 m geben, sind sie mit Fensterplanen aus Plastik oder Gazestoff mit Abdeckung auf ca. 2,02 m verlängerbar. Da nicht alle eine helle Jurte mögen, können die durch Fensterplanen erhöhten Vierecksplanen /Jurtendoppelplane mit der Superjurtenplane kombiniert werden, die die gleiche Höhe hat. Anstelle des verschlauften Daches kann auch ein fertig zusammengenähtes Jurtendach bzw. zwei Halbdächer benutzt werden. In ein Dach können auch noch Jurten-Zwischenstücke verschlauft werden, die die Breite einer Viereckplane haben. Somit muss die Aufhängung etwas variiert werden, aber man erreicht ein bedeutend größeres Platzangebot. Diese erweiterten Modelle werden auch Theater- oder Ovaljurten genannt.
Die Kohtenblätter werden miteinander verschlauft. Bei Kohten wird sowohl von oben nach unten als auch von nach oben geschlauft, damit der Endknoten nicht im feuchten Gras hängt und dann nicht mehr aufzulösen ist. Jurtendächer werden von oben nach unten geschlauft, damit keiner auf die Idee kommt, an dem Endknoten auf halber Höhe etwas aufzuhängen; Die Seitenplanen werden immer doppelreihig geknöpft und obere Planen werden über untere Planen geknöpft (Dachziegelprinzip), sonst regnet es rein. Es ist ratsam, nicht direkt mit den Fingern die Knöpfe durch die Löcher zu drücken, sondern immer noch etwas Jurtenstoff dazwischen zu haben, da man sonst nach einer Jurte wunde Finger hat.
- – 4 Kohtenblätter 52 oder 4 Kohtenblätter 53 oder 4 Kohtenblätter 59 oder 4 Wanderkohtenblätter
- – 8 kurze Schlaufen aus Sisal 8 mm für die Abspannung der Planen
- – 2 lange und 2 kurze Schlaufen aus Sisal 8 mm mit dem Kreuz oder 1 Kohtenspinne
- – 1 Kohtenabdeckplane oder 1 Jurtenabdeckplane
- – 2 Kohtenstangen
- – 8 Heringe wahlweise:1 Kohtenseitenwand zur Erhöhung der Kohte bei Verwendung von Kohtenblatt 52
Die vier Kohtenblätter werden auf den Boden gelegt. Durch die ösen an den vier Ecken der Planen werden die Schlaufen gesteckt. Die Schlaufen werden mit Heringen abgespannt, so daß die Kohte wie ein Quadrat aussieht. Durch die vier ösen des Dachloches werden zwei kurze und zwei längere Schlaufen gezogen, wodurch dann die beiden äste als Kreuz gesteckt werden. Also müssen diagonal gegen- überliegende Schlaufen gleich lang sein. Der obere Ast wird durch die etwas längeren Schlaufen gesteckt. Um das Kreuz wird ein Seil mit einer Schlaufe befestigt, womit die Kohte dann hochgezogen wird. Die beiden Kohtenstangen werden auf den Boden gelegt und miteinander verbunden. Das Seil zum Hochziehen wird über den Knoten gelegt, die Stangen aufgerichtet und die Kohte hochgezogen. Die Stangen brauchen nicht abgespannt zu werden, da sie durch die Belastung der Kohte stehen. Durch Zusammenschieben oder Auseinanderziehen spannt man die Kohtenbahnen je nach Wetterlage. Erst jetzt werden die vier Kohtenbahnen miteinander verschlauft und die übrigen vier Schlaufen abgespannt. Eine Seite wird zum Ein- und Ausstieg halb offen gelassen. Zum Schluss wird die Kohtenabdeckplane über das Kreuz gelegt und auf die Heringe abgespannt. Werden die Kohtenblätter mit Seitenwand benutzt oder die extra Kohtenseitenwand, so werden die Schlaufen nicht direkt, sondern mit einem ca. 1 m langen Seil auf den Boden abgespannt. Durch die Seitenwände können Bodenunebenheiten gut ausgeglichen werden, so dass es in der Kohte nicht zieht. Außerdem wird durch die Seitenwand das Platzangebot vergrößert.
Der Durchmesser der Kohte beträgt 4 m [Wanderkohte 5 m] und die Höhe (Boden - Planenoberkante) 1,70 m [2 m]. Bei Verwendung des Kohtenblattes 53 erhöht sich die Kohte um 25 cm und beim Kohtenblatt 59 oder mit der Kohtenseitenwand erhöht sie sich um 45 cm.
Die Kohte ist das typische Hikezelt, in dem eine Runde gut Platz findet. Es sind nur die vier Kohtenblätter und die Kohtenabdeckplane sowie die zwölf Schlaufen mitzunehmen. Alles andere findet man unterwegs. Für einen allein reicht ein Kohtenblatt, die "Kröte", aus. Aus zwei Kohtenblättern kann man eine "Lokomotive" (auch "Krokodil" genannt) bauen, die gegebenenfalls noch durch Vierecksbahnen verlängert werden kann. Wenn das Wetter es zulässt, so kann eine Runde auch gut unter einem ca. 50cm über dem Boden abgespanntem Jurtendach übernachten, da so alle sternförmig zur Mitte liegen können.
- – 6 Kohtenblätter 52 oder 2 Halbdächer oder 1 Jurtendach
- – 12 Viereckzeltbahnen oder 6 Jurtendoppelplanen oder 6 Superjurtenplanen
- – ggf.12 Fensterplanen oder Gazeplane
- – 1 Jurtenabdeckplane
- – 12 T-Heringe 40 cm
- – 12 Zelt-Aufstellstäbe (165-250 cm)
- – 3 dreiteilige Jurtenstangen
- – 12 Seile (Spannschnüre) 5 m zum Abspannen
- – 1 Seil 8 m für den Dreibeinbund 1 Seil 7 m zum Dach hochziehen
- – ggf. 12 Erdnägel zum 'Fixieren der Jurtenplanen am Boden
Die sechs Kohtenblätter bzw. die beiden Halbdächer werden verschlauft und die Fensterplanen an das Dach geknöpft. Die Jurtenspinne bzw. das Jurtenkreuz werden, im Dachloch an den ösen befestigt. Die Zelt-Aufstellstäbe werden auf die richtige Länge ausgefahren und mit den Heringen und Abspannseilen an den ösen des Daches zurechtgelegt. Es sollten möglichst sechs Personen an jeder zweiten öse den Aufstellstab durch die öse stecken und festhalten, so dass das Dach steht. Weitere Personen gehen nun reihum und schlagen die Heringe ein. Es ist darauf zu achten, dass die Abspannseile optisch entlang der Nähten des Daches genau durch die Mitte des Loches laufen. Je gleichmäßiger die Jurte abgespannt ist, desto sicherer steht sie. Nun werden die übrigen Aufstellstäbe abgespannt und die restlichen Seitenplanen angeknöpft. Das gebundene Dreibein - bei Jurten mit Fenstern muss der Knoten am Ende der Jurtenstangen sein, ansonsten 30cm darunter - mit der befestigten Jurtenabdeckplane wird in die Jurte gestellt und die Abdeckplane auf die Spitzen der Aufstellstäbe abgespannt. Zum Schluss wird das Dach hochgezogen. Es bietet sich an, das Seil mindestens durch einen Eisenring, der unmittelbar unterhalb des Dreibeinbundes befestigt ist, laufen zu lassen. Gewieftere Bastler bauen aus zwei Seilrollen, einen Flaschenzug, so dass sie nur mit halber Kraft das Dach hochzuziehen brauchen. Bei der Fünferjurte werden anstatt 6 Kohtenblätter nur fünf als Dach miteinander verschlauft. Als Seitenplanen werden so auch zwei Viereckplanen bzw. eine Jurtendoppelplane. weniger benötigt. Dadurch erreicht man eine stärkere Dachneigung, was für den Regenablauf von Vorteil ist. Hier empfiehlt sich auf jeden Fall die Verwendung einer 5er-Jurtenspinne.
Als ein größeres Zelt soll hier der Zusammenbau von drei Jurten, die hier als Sechsecke angedeutet sind, gezeigt werden. Diese Form gibt ca. 100 Leuten Platz. Es entsteht so ein gro8es Zelt mit drei Nischen. Beim Bau ist darauf zu achten, dass die Dächer zu Beginn zusammengeknöpft werden und dann der so entstandene Stern gleichmäßig abgespannt wird. Da an vier Punkten, des Sterns sehr viele Planen übereinander kommen, sollte hier die Jurtenschraube zum Einsatz kommen.
Eine andere Möglichkeit besteht in der Verwendung von Jurtenzwischenplanen. Hier müssen immer zwei Jurtenzwischenstücke gegenüber in das Dach geknüpft werden. Das so entstehende größere Loch muss mit etwas Ideenreichtum mit Jurtedoppelplanen o.ä. abgedeckt werden. Baut man abwechselnd eine Kohtenbahn und eine Zwischenbahn aneinander, so entsteht eine große Jurte mit ca. l0 m Durchmesser. Das große Loch kann durch ein normales Jurtendach und dieses wieder mit einer Jurtenabdeckplane abgedeckt werden. Bei solchen Konstruktionen werden dann auch besondere Ketten benötigt. Bei Großbauten ist generell darauf zu achten, dass die Materialbelastung durch eine grö8ere Windangriffsfläche und höhere Abspannkräfte enorm groß werden kann. Auch der Regenablauf kann problematisch werden.
Wenn mehrere ösen übereinander kommen, was beim Zusammenbau mehrerer Jurten schnell der Fall ist, bewährt sich die Jurtenschraube, mit der man bis zu 8 ösen übereinander fixieren kann. Die Schraube kann auf den Pin eines Aufstellstabes gesetzt werden und oben an der Ringschraube abgespannt weiden.
Die Jurte oder Kohte an Spinnen oder Kreuzen aufzuhängen hat Vor- und Nachteile. Bei der Kohte findet man auf dem Hike überall entsprechende äste, um ein Kreuz zu bauen. Mit den Schlaufen kann dieses sehr einfach eingehängt werden. und die Kohtenabdeckplane darüber abgespannt werden. Wird die Kohtenspinne benutzt, so muss der Knoten der beiden Stämme höher liegen. Alles wird etwas flexibler und man muss eine Jurtenabdeckplane über das Loch spannen. Bei der Jurte fixiert die Spinne mit den Schäkeln die ösen genau übereinander und sie ist flexibler. Der Knoten des Dreibeins muss allerdings sehr genau gesetzt sein, damit die Jurtenabdeckplane nicht zu hoch hängt bzw. zu tief, so dass das Dach nicht stramm genug gespannt werden kann. Der einzige Vorteil des Jurtenkreuzes ist, dass der Knoten nicht so genau gesetzt werden muss. Bei einer Fünferjurte ist die Spinne die einzige vernünftige Lösung.
An alten Planen sind noch recht kleine Knebel zu finden, die sich relativ einfach lösen. Abhilfe schaffen da selbstangenähte größere Knebel.
Fensterplanen
Alte Fensterplanen aus Plastik haben nur zwei ösen; Damit diese mit den neuen Fensterplanen Gaze und der Superjurtenplane kompatibel sind, müssen zwei weitere 16 mm ösen an den anderen beiden Ecken eingeschlagen werden und die Plane dann mit diesen beiden. Ecken nach oben eingebaut werden.
Untersetzer für Aufstellstäbe
Da auf die Aufstellstäbe durch die stramme Abspannung eine enorme senkrechte Kraft wirkt, verschwinden diese schon einmal im Boden. Besonders bei sandigem Waldboden sind Untersetzer für die Aufstellstäbe notwendig, die ganz einfach aus einer Dachlatte gefertigt werden können. In Stücke von 10 cm Länge werden Vertiefungen von mindestens 2,6 cm Durchmesser gebohrt, worin die Stäbe stehen. können.
Wassersäcke
Werden drei Jurlen, wie oben beschrieben aneinandergebaut, so kann das Regenwasser nicht mehr nach außen abfließen. Hier befestigt man einen Wassersack, der das Wasser auffängt, und lässt es durch einen Ablauf mit einem Schlauch nach draußen abfließen.
Schlaufen aus 8 mm Sisal
Diese Schlaufen werden überwiegend bei den Kohten gebraucht. So braucht man die Heringe nicht direkt durch die, ösen der Planen schlagen, was das Material enorm schont, da nicht jeder immer den Hering mit dem Hammer treffen würde.
Kennzeichnung der Planen
Durch eine selbstgebastelte Schablone mit einem Zeichen, Symbol oder mit einer Bezeichnung wird Abtönfarbe auf die Innenseite der Planen aufgetupft. Dadurch ist es dann auch einfacher, genau die eigenen Planen aus einem großen Bau wieder herauszufinden.
Witterungseinflüsse
Durch Regen oder stark erhöhte Luftfeuchtigkeit ziehen sich die Planen zusammen. Beim Trocknen dehnen sie sich wieder. Dementsprechend muss die Stärke der Abspannung reguliert werde. Bei trockenem Wetter müssen die Seile stark abgespannt weiden, bei Regen müssen sie gelockert werden.
Atmosphäre
Schwarzzelte sind allein durch ihre Farbe schon etwas Besonderes. Wer einmal auf einem internationalen Lager war, weiß, welche Attraktion eine Kohte oder Jurte sein kann. Dazu kommt die tolle Atmosphäre. Egal ob bei Gesprächen, Liederabenden oder einfach nur beim Prasseln des Feuers., man vergisst so etwas nicht. Hinzu kommt natürlich noch die fantasievolle Ausstattung mit bunten Stoffen, Flickenteppichen und alten Kohtenblättern auf dem Boden. Eine alte Tradition ist es, Kohten und Jurten zu bemalen. Mit wasserfesten Farben lassen sich bunte Muster am unteren Rand der Kohte auftragen.
Zusammengestellt von Jörg Berresheim und Georg Kortnann
Für Rüsthaus Praxis-Tip 4
Stand: August 1994.